Radfahren im Gelände wird durch E-Bikes zum neuen
Breitensport und belastet die Landschaft, Natur und
Lebensräume für Tiere und Pflanzen erheblich.
Starke Entwicklung des MTB-Sports
Schon seit einigen Jahren hat sich das Fahren mit Mountainbikes in der Natur zu einem beliebten und gesunden Sport entwickelt. Über unbefestigte Wald- und Feldwege im hügeligen Gelände kann mit den robusten und geländegängigen Fahrrädern die frische Luft bei jedem Wetter genossen und die Fitness gefördert werden.
Schon in den Anfangsjahren vor der Jahrtausendwende wurde die Entwicklung jedoch mit Sorge betrachtet, wenn die Wege in stillen und abgelegenen Waldgebieten verlassen und quer durch die Natur gefahren wurde.
Seitdem die Fahrräder nun zum überwiegenden Teil mit einem E-Motor ausgestattet sind, ist der Sport regelrecht explodiert. Die Tourismusbranche hat dieses Potential erkannt und es werden immer mehr Strecken für die Sportler angeboten. Insbesondere die Skiliftbetreiber in unserer Region haben die Möglichkeit erkannt, durch eine Sommernutzung der Skilifte die Auslastung und die Erträge des Liftbetriebs deutlich zu erhöhen.
Diese Entwicklung hat schon jetzt ein Ausmaß erreicht, das an vielen Stellen das erträgliche Maß für die Natur überschritten hat. Hier einige Beispiel aus dem Sauerland:
Kappe bei Winterberg
Noch vor etwa 20 Jahren wurden auf den Bergwiesen an der Kappe bei Winterberg, die im Winter als Skipisten genutzt wurden, die sehr seltenen Flachbärlappe gefunden. Die Bergwiesen und Heiden im Raum Winterberg waren das Schwerpunktgebiet aller Vorkommen der verschiedenen Flachbärlappe in NRW. Schon bei den allerersten Erforschungen der Flora im höheren Sauerland 1821 wurde der Alpen-Flachbärlapp (Diphasiastrum alpinum (L.) Holub) gefunden.
Etwa zur Jahrtausendwende wurde der gesamte Bereich der Kappe zu einem Sondergebiet für die Freizeitnutzung von der Stadt Winterberg ausgewiesen. Damit einher ging in den Folgejahren auch die Beeinträchtigung und letztendlich Zerstörung der dortigen Bergwiesen. Es wurden Strecken (Trails) für die Mountainbiker angelegt mit baulichen Anlagen wie Sprungschanzen und Steilkurven. Bergwiesen sind dort heute nicht mehr zu finden – und natürlich auch nicht mehr die Flachbärlappe. Diese Pflanzen sind aktuell für NRW so gut wie ausgestorben.
Hohe Lied bei Gellinghausen
In diesem Sommer wurde am Skigebiet Hohe Lied bei Schmallenberg-Gellinghausen ein neuer Bike-Park eröffnet.
Schon im Frühjahr 2021 war der VNV bei der Änderung des Regionalplanes beteiligt, wo das Gebiet planerisch von Forst- und Landwirtschaftlicher Fläche in ein Sondergebiet Freizeitnutzung umgewidmet werden sollte. Es war nach Angaben des Antragstellers ein Bike-Park geplant, wo überwiegend die vorhandenen Wege genutzt werden sollten. Da wir gravierende Eingriffe befürchteten, wurde die Änderung von uns abgelehnt.
Die Bezirksregierung stimmte jedoch der Änderung des Regionalplanes zu, und so waren die planerischen Grundlagen geschaffen. Die Stadt Schmallenberg leitete die ersten Schritte für die Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines Bebauungsplanes ein.
Ein Gutachter wurde für einen Umweltbericht beauftragt. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass es im Gebiet zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen der Flora und Fauna kommen werde. Alle Eingriffe im Gebiet könnten durch eine kleine Aufforstung einer Fichtenkalamitätsfläche mit Laubgehölzen ausgeglichen werden. Bei einer Besichtigung des Bike-Parks wurden nun komplett andere Feststellungen gemacht.
Wie auf dem Plan oben gut zu sehen, zieht sich durch das ganze Gebiet, insbesondere die Waldflächen, ein dichtes Netz von Bike-Trails. Sie haben eine Gesamtlänge von etwa 16 km. Diese sind überwiegend deutlich breiter als im Plan dargestellt und erreichen Breiten von über 10 Metern. Auch wurden massive Erdbewegungen durchgeführt und bis zu 2 Meter hohe Steilkurven und Rampen in den Waldboden geschoben.
Auch Buchenaltholzbestände in einer Größe von etwa 10 ha werden in Anspruch genommen.
Die Trails befinden sich so eng nebeneinander, dass es zu einer gesamten Zerstörung der Lebensgemeinschaft Wald kommt. Der Boden wird durch das regelmäßige Befahren stark verdichtet. Die regelmäßigen Störungen führen zu Abwanderung dort lebender Tiere.
Bei Starkregen ist mit Auswaschungen in den verdichteten und steilen Gräben zu rechnen. Dieses Material kann hangabwärts in den Bach gespült werden. Die Wälder werden dauerhaft geschädigt.
Bei der Bewertung des Eingriffs im Umweltbericht und der errechneten Kompensation des Büros Westermann wird ein unbedeutender Eingriff auf 3% der Fläche zu Grunde gelegt.
Tatsächlich werden mehr als 20 ha der Waldgebiete dauerhaft geschädigt und die negativen Einflüsse durch dauerhafte Störungen betreffen alle Waldflächen und große Teile der Offenlandflächen. Die reine Fläche der Trails beläuft sich auf ca. 8 ha.
Bei der Bewertung von negativen Einflüsse auf Vogelarten (Artenschutzprüfung)wurden keine relevanten Wirkfaktoren durch das Büro Westermann festgestellt. Brutvogelkartierungen erfolgten nicht. Tatsächlich können im Gebiet und direkt angrenzend eine Reihe von betroffenen Vogelarten festgestellt werden. In den Altbuchenbeständen konnte ein größerer Horst gefunden werden. Weiterhin sind mehrere Schwarzspechthöhlen vorhanden, die auch zur Brut genutzt wurden. Das Vorhandensein dieser Höhlen lässt auch auf das mögliche Vorkommen von Hohltaube, Waldkauz, Raufußkauz und Sperlingskauz als Brutvögel schließen. Buntspecht und Grauspecht haben ebenfalls Reviere.
Durch die massiven Eingriffe und dauerhaften Störungen auch zur Brutzeit ist mit einem Abwandern dieser Arten zu rechnen. Der Lebensraum der Arten wird im Bereich der Trails zerstört.
Das gleiche gilt für die Fledermäuse, die durch den Planer wohl erfasst wurden, aber auch hier sind die vorgeschlagenen Kompensationsmaßnahmen auf Grund des massiven Eingriffs nicht ausreichend berücksichtigt.
Die Kompensation soll durch Maßnahmen im Gebiet erfolgen. Die Berechnung der Biotoppunkte durch das Büro Westermann entspricht nicht den Tatsachen vor Ort und muss korrigiert werden. Die Eingriffe sind deutlich gravierender und die Kompensation muss durch weitere Maßnahmen erreicht werden.
NSG „Schluchtwald Helle“ bei Winterberg
Direkt unterhalb des Kurparks der Stadt Winterberg beginnt der beeindruckende und teilweise sehr steile Schluchtwald „Helle“. Auf Grund seiner Seltenheit und der besonderen Tier- und Pflanzenwelt ist er unter Schutz gestellt.
Dies ist im Landschaftsplan Winterberg festgelgt.
Dort ist für Naturschutzgebiete ausgeführt:
„Nach § 34 Abs. 1 LG und aufgrund dieser Festsetzungen sind in den Naturschutzgebieten alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Gebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können.“
Durch dieses sehr steile Gelände führt ein Wanderweg über schmal Pfade, um das Gebiet erlebbar zu machen. Teilweise führen schmale Stege über das Gewässer des Hellebaches.
Nun hat der Verkehrsverein Winterberg durch dieses sensible und enge Tal auf den Wanderweg einen MTB-Trail gelegt und diesen mit Schildern ausgewiesen. Dadurch wird das Gebiet mit den gefährdeten Lebensräumen über die Maßen belastet.
Diese zusätzliche Freizeitnutzung dieses NSG und der Besucherdruck (z.B. Picknicken, Verlassen der Wege und Betreten von sensiblen Bereichen) gefährden seltene Tier- und Pflanzenarten. Auch kommt es zu gefährlichen Begegnungen zwischen Wanderern und den MTB-Fahrern auf den engen und steilen Wegen.
Dieser Trail wurde nicht mit den Naturschutzbehörden abgestimmt. Ein Gesamtkonzept fehlt.
Auch hier wird die Natur den touristische Interessen geopfert.
Bike-Trails in Brilon
Schon vor einigen Jahren nach dem Sturmtief Kyrill ist ein Bike-Trail-Gebiet zwischen Brilon und Hoppecke am Bilstein eingerichtet worden. Dazu wurden die Kalamitätsflächen nördlich des Bilsteins in Anspruch genommen. Durch dieses Gebiet wurden mehrere Kilometer MTB-Strecken gelegt, die teilweise durch steiles Gelände führen. Sie sind bei den MTB-Fahrern sehr beliebt. Um die Trails nutzen zu können, wurde ein Parkplatz angelegt, der mitlerweile auch schon erweitert wurde.
Diese gesamten Maßnahmen befinden sich im Landschaftsschutzgebiet des Landschaftsplanes Hoppecketal. Eine touristische Nutzung mit Errichtung von Wegen in einem Waldgebiet ist darin nicht vorgesehen.
Eine planerische Umwidmung oder Regelung mit entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen der Eingriffe und dauerhaften Störungen fand bis heute nicht statt.
Nun plant die Stadt Brilon, wie aus der Presse zu erfahren ist, eine erhebliche Erweiterung dieses Bike-Angebotes.
Man möchte von Brilon bis nach Willingen durch unberührte weitläufige Waldgebiete und Buchaltholzbestände neue umfangreiche Wege nur für die MTB-Nutzung anlegen. Diese Wege würden eine Gesamtlänge von deutlich über 30 Kilometern haben. Es würde zu massiven dauerhaften Störungen des gesamten Waldgebietes kommen, in dem zur Zeit nur vereinzelte Wanderer unterwegs sind.